Philosophenstiege
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Die Philosophenstiege

Vom Hochparterre in den Festsaal

Wie die südlich gelegene Juristenstiege führt auch die nordseitig gelegene prunkvolle Philosophenstiege vom Hochparterre über ein Umkehrpodest je zweiarmig in den ersten Stock. Über dieses repräsentative Treppenhaus gelangte man in den Anfangsjahren zum Philosophischen Dekanat – aus diesem Grunde hat sich die Bezeichnung Philosophenstiege eingebürgert. Heutzutage können die Dekanate der Historisch-Kulturwissenschaftlichen Fakultät und der Philologisch-Kulturwissenschaftlichen Fakultät über diese Stiege erreicht werden. Zudem gelangt man über sie zum Rektorat, zum Senatssaal und – vor allem – direkt zum Großen Festsaal.

Auf halber Höhe finden Sie eine in den Boden eingelassene Inschrift. Sie erinnert an den 1936 auf den Stufen der Philosophenstiege ermordeten Universitätsprofessor Moritz Schlick.

Der deutsche Physiker und Philosoph Moritz Schlick lehrte seit 1922 an der Universität Wien Naturphilosophie. Er gründete einen interdisziplinären Diskussionszirkel, der als „Wiener Kreis“ weithin Bedeutung erlangte. Bis 1936 trafen sich hier bedeutende Philosophen und Wissenschaftstheoretiker zu wöchentlichen Gesprächen.

In der Anklageschrift gegen Schlicks Mörder, der früher bei ihm studiert und promoviert hatte, hieß es: „Der Beschuldigte, der von Natur aus religiös eingestellt ist, hat den destruktiven Tendenzen des atheistischen Positivismus entgegenzuarbeiten für unerlässlich erachtet.“

Dem Mörder wurde eine Gesinnungstat zu Gute gehalten und rasch beuteten antisemitische Kreise die Tat für ihre Zwecke aus. Wenige Wochen später wurde der Mord von dem Wiener Philosophieprofessor Johann Sauter so uminterpretiert: Sie sei zwar verabscheuungswürdig, aber eine verständliche Reaktion auf Schlicks enge Verbindung zu jüdischen intellektuellen Zirkeln in Wien.

Die Ermordung Schlicks steht somit symbolisch für die sich zuspitzende rechte Gewalt an der Universität Wien bereits vor dem Anschluss 1938 und der nationalsozialistischen Gleichschaltung. Der Mord an Schlick bedeutete auch das Ende des Wiener Kreises. Viele seiner Mitglieder verließen bis 1940 Österreich – ein immenser Verlust, auch für die Wissenschaft.

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