Gebären im AKH
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Gebären im AKH

Schutz und Anonymität

Im damals östlichsten Trakt (heute Hof 7) wurde bei der AKH-Gründung auch eine eigene Gebärabteilung eingerichtet. Als Wiener Gebärhaus hatte sie eine wechselvolle und zum Teil vom Krankenhaus ganz unabhängige Geschichte.

Geburten fanden damals größtenteils als Hausgeburten mit Hebammen statt. Das Gebärhaus bot, wie in einer "Nachricht an das Publikum" 1784 verlautbart wurde, vor allem für ledige werdende Mütter einen "Zufluchtsort" an, um sie "vor der Schand und Noth" zu retten. Sie konnten hier für die Entbindung und das Wochenbett diskrete Aufnahme finden.

Trotz gewahrter Anonymität, die vor der "Schande" der unehelichen Mutterschaft schützen sollte, bedeutete die Aufnahme aber auch die Preisgabe des weiblichen Körpers durch das teils öffentliche Gebären vor männlichen Ärzten und Studenten für die akademische Lehre und Forschung, denn die Gratisklasse war zugleich Klinik der Wiener Universität. Und hier wurden die allermeisten Frauen aufgenommen. Sie mussten auch für die weitere Verpflegung ihrer Kinder eine Leistung erbringen. Sie hatten nach der Geburt als Amme zur Verfügung zu stehen und mussten verschiedene Arbeiten im Haus verrichten. Nur zahlende Frauen konnten sich dem entziehen.

In drei Klassen gestaffelt konnten zahlungskräftige Frauen hingegen bei absoluter Anonymität "verschleyert und überhaupt so unkennbar als sie immer wollen" durch das sogenannte "Schwangerthor" anonym in das Gebärhaus kommen, auch mit eigenen Dienerinnen.

Fast 700.000 Frauen nutzten im Laufe der Geschichte den Schutz des Gebärhauses. Die Säuglinge konnten mitgenommen werden, oder aber im angeschlossenen Findelhaus abgegeben, d.h. zu Pflegeeltern "in Kost" gegeben werden.

Mitte des 19. Jahrhunderts lag die Illegitimitätsrate, der Anteil außerehelich geborener Kinder an allen Geburten, in Wien bei fast fünfzig Prozent, über dreißig Prozent aller Neugeborenen wurden zu Findelkindern — die Geburtsmatriken der Pfarre in der Alser Straße sind jedenfalls die umfangreichsten in ganz Österreich.

Quelle: Archiv Universität Wien, 106.I.1841
Foto © Uni Wien

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