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Das Gemälde als historisches Statement

In der Mitte seines Ateliers sitzt, mit dem Rücken zum Betrachter, der Maler. Für einen Künstler ungewöhnlich stattlich gekleidet, hat er sein Werk offenbar gerade erst begonnen. Auf der Leinwand ist lediglich der blaue Lorbeerkranz zu erkennen, den sein Modell auf dem Kopf trägt.

Das Modell, eine junge Frau in wallend blauem Gewand, scheint vom schräg einfallenden Tageslicht fast geblendet. Ein schwerer Samtvorhang beherrscht die linke Seite des Bildes, gerade weit genug vorgezogen, um den Blick auf einen schweren Eichentisch frei zu geben. Darauf befinden sich, scheinbar achtlos und zufällig, ein Buch, eine Maske, ein Skizzenheft und einige Tücher.

Doch Vermeer hat hier nichts dem Zufall überlassen. Sein Werk kann, so die übliche Deutung, als allegorische Darstellung der Malkunst und ihr verwandter Kunstgattungen verstanden werden. Ebenso gut kann man es aber auch als geschichtliches Statement begreifen: die Landkarte, die alle 17 Provinzen der Niederlande, vor ihrer Teilung in Nord und Süd, abbildet, der Kronleuchter mit dem habsburgischen Doppeladler oder das als Clio, als Muse der Geschichtsschreibung, verkleidete Modell.

Nimmt Vermeer hier auf aktuelle politische Ereignisse Bezug? Anlass dazu gäbe es genug: als der Delfter Künstler dieses Bild um 1670 malt, steht sein Heimatland, die Republik der Niederlande, am Rande einer Katastrophe. Nur zwei Jahre später, 1672, erklären England, Frankreich, Köln und Münster den Niederlanden den Krieg und läuten damit das Ende des sogenannten goldenen Zeitalters ein. Jene knapp 100 Jahre dauernde Periode, die dem Staat einen in der Geschichte beispiellosen politischen, wirtschaftlichen und kulturellen Aufstieg beschert hat.

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