04 - Der Schiffszug stromaufwärts
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Der Schiffszug stromaufwärts

Vor Einführung der Dampfschifffahrt war der Transport von Gütern auf der Donau gegen die Strömung äußerst beschwerlich und zeitaufwendig. Und es war eine ausgeklügelte technische Leistung in Kombination mit präzisem Zusammenspiel aller Akteure vom ersten Vorreiter bis zum letzten Zillenfahrer nötig, um heil samt Ladung am Ziel anzukommen.

Die Schwere der Aufgabe lässt sich schon daran erkennen, dass es für die wichtigsten Positionen im Schiffszug stromaufwärts eigene Bezeichnungen gab: hieß der Kapitän eines Schiffszuges bei der Fahrt stromabwärts „Nauführer“, so wurde er bei der Fahrt gegen den Strom als „Sössstaller“ bezeichnet, benannt nach seinem Schlafplatz, der „Sösse“, an der tiefsten Stelle des Schiffes, dort, wo ein möglicher Wassereinbruch zuerst sichtbar wurde.

Im Schaukasten auf der rechten Seite des Raumes ist ein solcher Schiffszug stromaufwärts im Modell dargestellt.

Die längsten Schiffszüge wurden von 60 Pferden gezogen, eine besondere Rolle kam dem Vorreiter, dem sogenannten „Waghals“, zu. Die Bezeichnung kam nicht von ungefähr: der „Waghals“ hatte die gefährliche Aufgabe mit seinem Pferd den Weg im Fluss vor dem Schiffszug zu erkunden und beispielsweise zu überprüfen, ob die Mündung eines Flusses oder Baches für den Zug passierbar war.

Diese Aufgabe war lebensgefährlich, da sich die Struktur eines unregulierten Flusses laufend ändern konnte. Eine Stelle, die während eines Schiffszuges gut passierbar war, konnte beim nächsten Mal durch ein Unwetter oder Hochwasser ausgeschwemmt und zur tödlichen Falle geworden sein.

Im Zug waren maximal drei große Schiffe durch Seile verbunden. Das Hauptseil lief über drei sogenannte „Furkelzillen“ zu den Hauptbooten, benannt nach der y-förmigen Holzkonstruktion an der Spitze der Boote, der „Furkel“.  

Die Furkelzillen hatten die Aufgabe das Hauptseil an der richtigen Position vom Ufer weg zu halten. Die komplexe Seilführung der Schiffe untereinander ist auf den kleinen Ausziehtafeln unter dem Schaukasten genauer beschrieben.

Das vorderste Schiff im Modell ist die „Hohenau“ vom Typ „Kelheimer“, das zweite Schiff wurde als „Nebenbei“ bezeichnet und das letzte Schiff war der sogenannte „Schwemmer“, beide vom Typ „Gams“

Einige kleinere Zillen wurden zusätzlich als Verbindungsfahrzeuge oder spezielle Transportzillen mitgeführt. Etwa die Seilzillen, die ausschließlich dem Transport der wichtigen und äußerst wertvollen Seile und Taue für den Zug dienten.

Ein kompletter Schiffszug konnte bis zu 800m lang sein und pro Tag bei besten Bedingungen bis zu 20 Kilometer zurücklegen, allerdings waren oft nur 10 bis 15 Kilometer möglich.

Selbstverständlich wurde nur hochwertige Ware transportiert, bei der sich der ungeheure Aufwand lohnte. So war die teuerste, dokumentarisch belegte Ladung eines Schiffszuges stromaufwärts osmanische Seide – damals ein Luxusgut sondergleichen!

Die Transporte bewegten sich entlang der sogenannten „Treppelwege“, deren Name vom Lärm der Pferdezüge abgeleitet wurde, denn so ein Zug war oft schon zu hören, lange bevor man ihn sehen konnte.

Und das war auch gut so, denn war der knapp einen Kilometer lange Schiffszug stromaufwärts einmal in Bewegung, hielt er nur im äußersten Notfall an. Es war also besser nicht im Wege zu stehen.

Heute werden die Treppelwege entlang der Donau als beliebte Rad- und Wanderwege genützt und erinnern noch heute durch ihren Namen an die längst vergangene Zeit der gefährlichen Schiffstransporte stromaufwärts.

Mit Unterstützung von Land NÖ und Europäischer Union (LEADER).

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