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Das Passionsdiptychon

Die Leidensgeschichte Jesu auf Elfenbein

Das aus zwei Elfenbeinplatten bestehende Diptychon von Klosterneuburg ist vermutlich im letzten Viertel des 14. Jahrhunderts in Mainz entstanden, der ausführende Künstler ist anonym geblieben. Die beiden Elfenbeinplatten, ursprünglich durch Scharniere verbunden, sind je knapp 22cm hoch, 11cm breit und 1cm dick. Sie dienen zur Andacht und dem Andenken an den Leidensweg Jesu.

Jede Platte ist in drei Abschnitte, sogenannte Register, unterteilt, die das figurenreiche Bildprogramm der Leidensgeschichte Jesu Christi vom Einzug in Jerusalem bis zu seinem Tod am Kreuz illustrieren. Die Leserichtung der Szenen der Passionsgeschichte beginnt auf der linken Tafel mit dem obersten Register und setzt sich im ersten Register der rechten Tafel fort. Sie endet mit der Kreuzigungsszene im dritten Register der rechten Tafel.

Das Vollpacken der Abbildungsfläche mit Figuren ist für Diptycha jener Zeit typisch: das dichte Menschengedränge wird in der Kunstgeschichte mit dem lateinischen Begriff horror vacui, der Angst vor der Leere, bezeichnet und geht auf die Dekoration antiker Steinsarkophage zurück.

Das Klosterneuburger Diptychon lässt sich mit seinen lebhaft naturalistischen Figuren bereits der Stilrichtung der sogenannten Internationalen Gotik zuordnen: zwischen 1375 und 1420 entwickelt sich in der bildenden Kunst Frankreichs, Deutschlands, Oberitaliens und Flanderns eine weitgehend übereinstimmende Formensprache. Die Figuren lösen sich scheinbar vom Untergrund und gewinnen dadurch dramatisch an Individualität, Ausdruckskraft und Schönheit.

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